Fragen und Antworten
Was versteht man unter einer Essstörung?
Eine Essstörung ist eine multifaktoriell bedingte psychosomatische Störung. Sie zeigt sich in gestörtem Essverhalten, Regulation des Körpergewichtes, psychischer Störung und individuell verändertem Sozialverhalten.
Welche Arten von Essstörungen gibt es?
Gemäss medizinischer Definition gibt es drei grosse Gruppen von Essstörungen mit jeweils ausdefinierten Untergruppen: Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und nicht näher bezeichnete Essstörungen wie binge-eating und Orthorexie.
Wann leidet jemand an einer Essstörung?
Eine einmalige kurzfristige Diät ist noch keine Essstörung.
Unter einer Essstörung leidet man, wenn die Gedanken sich ständig ums Essen, die Figur und das Gewicht kreisen und man Zwänge ums Essen entwickelt.
Wenn jemand die Lebensmittel in gute und schlechte einteilt, beginnt Kalorien zu zählen und man mehrmals täglich auf die Waage steht, kann dies ebenso ein Zeichen für reine Essstörung sein. Häufig schützt man sich unter dem Vorwand sich gesund ernähren zu wollen.
Wo bekommt man Hilfe? auch als Aussenstehender?
Für die Betroffenen ist wichtig zu wissen: Je früher die Diagnose der Essstörung gestellt und je schneller mit der adäquaten Therapie begonnen wird, desto besser ist die Prognose.
Betroffene können sich Hilfe bei Psychiater und Arzt holen. Fachbücher, Ratgeber, Selbsthilfegruppen und bewährte Internetseiten können den Betroffenen sowie den Aussenstehenden Hilfestellung leisten.
Was kann ein Aussenstehender tun?
- Sprechen Sie die betroffene Person auf Ihre Beobachtungen an und wählen Sie dabei ein ungestörtes Umfeld. Hören Sie dabei aufmerksam zu, zeigen Sie Verständnis ohne das problematische Essverhalten gut zu heissen.
- Machen Sie die Betroffenen auf Fachstellen und Hilfsangebote aufmerksam und bieten Sie Hilfe bei der Suche nach professioneller Unterstützung.
- Übernehmen Sie nicht die Verantwortung für das Verhalten der Betroffenen, sondern bieten Sie ihr regelmässige Gespräche an.
- Falls Dritte kontaktiert werden müssen, tun Sie dies nur in Absprache mit der betroffenen Person.
Wie kann man eine Essstörung erkennen?
Anzeichen oder Hinweise für eine Essstörung können folgende Punkte sein:
- Die Betroffenen zeigen eine permanente Beschäftigung mit Figur und Gewicht, ständige Diätversuche und mehrmaliges Wägen pro Wochen.
- Die betroffene Person vermeidet gemeinsame Mahlzeiten mit Ausreden wie „ich habe schon gegessen“ oder „ich habe keinen Hunger“.
- Häufig widmen sie sich sehr dem Wohlergehen der Familie und kochen aufwendige Gerichte ohne mitzuessen.
- Sie zeigen einen grossen Drang zu körperlicher Aktivität, sind ständig in Bewegung und sitzen nicht.
- Ebenso können Anzeichen wie zunehmende Leistungsorientierung, sozialer Rückzug, Verlust von Freunden, zwanghaftes Verhalten (Ordnung) und vermehrte familiäre Konflikte zu erkennen sein.
Welche Ursachen gibt es für die Essstörungen?
Die Gründe für eine Essstörung sind vielfältig und können individuell sehr verschieden sein. Faktoren wie die genetische Disposition, soziokulturelle und gesellschaftliche Faktoren (Schlankheitswahn, Diätentschungel), familiäre Faktoren, traumatisierte Erfahrungen und individuelle, persönlichkeitsspezifische Faktoren können als Ursachen genannt werden.
Gibt es Personen bzw. Personengruppen, die überdurchschnittlich häufig an einer Essstörung leiden?
Bei Anorexiepatientinnen konnten laut Literatur typische Persönlichkeitsmerkmale wie Introvertiertheit, Konfliktvermeidung, depressive Stimmungslage, Perfektionismus, Beharrlichkeit gefunden werden.
Anorexiepatientinnen sind laut aktueller Datenlage häufig sehr angepasst, haben ein niedriges Selbstwertgefühl und sind sehr unsicher im Umgang mit Anderen und ihnen unbekannten Situationen.
Wie wirken sich Essstörungen auf den Körper aus?
Die Auswirkungen auf den Körper sind je nach Essstörung unterschiedlich.
Personen mit der Essstörung Anorexie weisen folgende körperliche Folgen auf:
- Niedriger Blutzuckerspiegel mit Müdigkeit, Schwindel, Schwitzen und Schüttelfrost
- Denkschwierigkeiten, Schlaf- und Konzentrationsschwierigkeiten auf Grund von Hunger
- Ausbleiben der Menstruationsblutung
- Osteoporose
- Kreislaufprobleme, Herzrhythmusstörungen
- Blutarmut und Blutgerinnungsstörungen sowie Haut-, Haar- und Nagelschäden
- Wassereinlagerungen in Gesicht, Unterschenkeln und Füssen auf Grund des Eiweissmangels
Bulimie-Betroffene können folgende körperliche Symptome aufwiesen:
- Durch das Erbrechen kommen die Zähne mit salzsäurehaltigem Magensaft in Kontakt und es entstehen schwere Zahnschäden.
- Die Speicheldrüsen unter dem Kinn, am Hals und vor den Ohren schwellen an auf Grund des Erbrechens.
- Der Verlust der Magensäure führt zu Schwäche, Müdigkeit, Unruhe und Angstgefühlen.
- Erbrechen oder Abführmittel stören den Salzhaushalt und es kann zu Herzrhythmus – und Nierenfunktionsstörungen zur Folge haben und zu Austrocknung führen.
- Es entstehen Entzündungen in der Speiseröhre und es können sogar Risse in der Speiseröhre oder Magenwand auftreten.
Ebenso treten bei einer Essstörung psychische und soziale Folgen auf, wie geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Depression, Panik, Angst, sozialer Rückzug ….
Wie gefährlich sind Essstörungen?
In gewissen Fällen kann eine Essstörung (v.a. die Anorexie) lebensbedrohlich werden.
Daten zeigen auf, dass bis zu 10 % der Anorexiebetroffenen und bis zu 4 % der Bulimiebetroffenen sterben.
1/3 der Betroffenen leiden einige Monate bis ein Jahr unter der Essstörung und haben eine gute Prognose unter adäquater Therapie.
1/3 der Betroffenen leiden 2-4 Jahre an einer Essstörung, haben eine mittlere Prognose und leiden teilweise unter Folgeschäden.
1/3 der Betroffenen leiden mehr als 4 Jahre an der Essstörung, haben eine ungünstige Prognose und müssen mit schwerwiegenden Folgeschäden rechnen.
Katrin Vogt, dipl. Ernährungsberaterin HF
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